Zukunftsdialog Wirtschaft – Impulse für eine liberale Wachstumsagenda

Von
Johannes Kuffer
Christian Lindner

Foto: Anna Kondratenko

Podiumsdiskussion beim Zukunftsdialog Wirtschaft in München

Unsere Demokratie hat im letzten Jahrzehnt eine immer größere Anzahl an krisenhaften Entwicklungen erfahren müssen. Neu in den Fokus kam im Verlauf des Jahres 2024 die schlechte wirtschaftliche Lage, die sich – so zeigen aktuelle Wirtschaftsdaten – zu einer immer größeren Krise entwickelt. Über Wege aus der Rezession haben am 18.12.2024 im Münchner Kolpinghaus Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP, die Vorsitzende der Familienunternehmer Bayern Dr. Eva Vesterling und Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft diskutiert. Stephan Sohr, Chefredakteur beim Verlag Nürnberger Presse / Nürnberger Zeitung führte als Moderator durch den Abend.

Als Einstieg legte Christan Lindner dem Publikum Stichpunkte einer liberalen Wachstumsagenda dar. Hierbei müsse der Fokus auf echtes Wirtschaftswachstum, das nur durch Strukturreformen und nicht durch staatliche Einmischung entstehen könne, gelegt werden.

Christian Lindner
Foto: Anna Kondratenko

Dies sei nötig, da der deutsche Lebensstandard sinkt, weil das Leben teurer wird. Hierbei geht es um weit mehr als etwa den Traum vom Eigenheim – die großen Träume im Leben –, sondern die ganz alltägliche Lebensführung, wie einen Einkauf im Supermarkt.

„Wirtschaftsminister Habeck hat Wachstumsraten wie in den sechziger Jahren durch grüne Transformation versprochen und stattdessen negative Wachstumsraten geliefert“, so Lindner. „Mit einer Subventionswirtschaft auf Pump, in der der Staat die Entscheidungen trifft, gibt es keinen Wohlstand, sondern nur, wenn wir uns darauf zurückbesinnen, was uns schon einmal unseren Wohlstand gesichert hat, nämlich die soziale Marktwirtschaft.“

Christian Lindner
Foto: Anna Kondratenko

Lindners Agenda beruht auf fünf zentralen Punkten:

1. Weniger Bürokratie

Deutschland ist gelähmt durch Bürokratie. Der Abbau der Bürokratie ist nicht nur Wirtschaftsförderung, sondern auch Teil des Respekts vor dem Souverän.
Ein Staat, der glaubt, seinen Bürgern alles vorschreiben zu müssen, handelt übergriffig.

2. Klimaschutz

Deutschland geht in der Klimapolitik einen Sonderweg, der nicht aufgeht. „Niemand wird uns folgen, wenn wir unseren Wohlstand verloren haben.“

3. Steuern

Die Belastung für die deutsche Wirtschaft ist zu hoch. Während in den USA die Reduktion der Unternehmenssteuern auf 15% diskutiert wird, liegen sie in Deutschland mit ungefähr 30% doppelt so hoch. Jedoch muss Deutschland doppelt so gut sein, um doppelt so teuer sein zu können.

4. Arbeit

Aktuelle Studien zeigen, dass in Deutschland zu wenig gearbeitet wird. Daher braucht es Anreize für mehr Arbeit – nach dem Motto „Leistung muss sich lohnen!“ Möglichkeiten sind die steuerfreie Auszahlung von Überstunden oder steuerfreie Löhne für Rentner.

5. Schuldenbremse

Das Problem Deutschlands und Europas sind nicht zu wenig öffentliche Schulden. Die Schuldenbremse ist nötig, um die Stabilität des Landes und der Währung in den nächsten Jahren sicherzustellen.

Es sei wichtig, diese Probleme schnellstmöglich anzugehen, so Lindner: Denn wenn sich das Gefühl einstelle, die eigenen Kinder könnten es einmal schlechter haben, werden die Menschen aus Angst den Populisten ihre Stimme geben.

Christian Lindner
Foto: Anna Kondratenko

Den Einstieg in die Diskussion startete Moderator Stephan Sohr mit einer Frage zur derzeitigen Lage der FDP. Laut Lindner hätten linke Parteien, sollte die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag nicht schaffen, ein Abo auf die Regierungsbildung und mit diesen linken Parteien käme Deutschland nicht zurück zu marktwirtschaftlichen Regeln.

Die Lage der Familienunternehmen wurde von Eva Vesterling drastisch zusammengefasst: „Man muss die Situation verstehen, zu der wir Unternehmer uns zur Zeit des Ampelaus befunden haben: drei Jahre Pandemie, zwei Jahre Rezession. Wenn man sich die Bilanz unseres Wirtschaftsministers unter Verantwortung von Bundeskanzler Olaf Scholz anschaut, dann sieht man heute, dass die Wirtschaft die Top eins Sorge der Menschen ist und dass wir Schlusslicht beim Wachstum sind innerhalb von 38 Wirtschaftsnationen der OECD. Wir haben ein Rekordhoch an Insolvenzen – das heißt: Unternehmer kämpfen da draußen um ihre Existenz. Es fordert alles von uns und unseren Betrieben. Ich bin seit zwanzig Jahren im wirtschaftspolitischen Ehrenamt tätig – so schlimm habe ich es noch nicht erlebt. Meine Reaktion auf das Ende der Ampel war eine Erleichterung!“

Laut Bertram Brossardt sei es sehr mutig von der FDP gewesen, die Ampel zu verlassen, in dem Wissen, um den Wiedereinzug in den Bundestag kämpfen zu müssen. Er sei glücklich, dass der Spuk der Ampel zu Ende ist –  dies könne er auch für die Breite der Mitgliedschaft der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sagen. „Die Wirtschaftslage ist schon schlecht – aber wenn es keine Hoffnung gibt, wird alles untergehen.“

Zum Abschluss der Diskussion stellte sich bei der Frage nach Subventionen noch einmal große Einigkeit aller Diskutanten ein: Laut Vesterling brächten staatliche Subventionen vor allem großen Unternehmen Vorteile – so wie es auch bei den zehn Milliarden für Intel der Fall gewesen sei. Brossardt betonte zustimmend, dass Subventionen häufig nicht bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen ankämen und diese sich dann zusätzlich noch mit zahlreichen bürokratischen Hürden herumschlagen müssten. Lindner merkte an, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer sei und sich daher auf die Herstellung fairer Rahmenbedingungen beschränken solle.

Das Fazit aller Beteiligten:

Es benötigt eine liberale Wachstumsstrategie, die Staatseingriffe beschränkt und den einzelnen Bürger nicht in seinen Freiheiten einschränkt. Die Lösung liegt in mehr positiven Anreizen, selbstbestimmt tätig zu werden, anstelle von weiteren Reglementierungen. Der Weg über Subventionen wird von deutschen mittelständischen Unternehmen in jedem Fall kritisch gesehen.